Jörg Meuthen: Offener Brief an Mesut Özil

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Lieber Mesut Özil,

Sie haben nun Ihren Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft erklärt, die seit einiger Zeit ohnehin nur noch als „Die Mannschaft“ firmiert.

Diesen Rücktritt zelebrierten Sie geradezu mit einer dreiteiligen Dramaturgie auf Twitter; wortreich im Umfang, fremd in der Sprache (nämlich auf englisch – warum kommuniziert ein ehemaliger deutscher Nationalspieler eigentlich nicht auf deutsch?) und inhaltlich frei von jeglicher Selbstkritik.

Ja mehr noch: Sie gingen in die Offensive und warfen dem DFB – ausgerechnet dem DFB, der kaum Kosten und Mühen scheut, sich um Integration zu bemühen! – „Rassismus“ vor.

Herr Özil, Sie irren sich. Nicht der DFB ist schuld an Ihrem Scheitern in der Nationalelf, auch nicht dessen Präsident Reinhard Grindel, sondern Sie selbst sind es.

Oder gab es irgendjemanden, der Sie gezwungen hätte, mit dem türkischen Präsidenten Erdogan kurz vor der Fußballweltmeisterschaft gemeinsam für ein Foto zu posieren, welches von vorneherein als Wahlkampfmaßnahme für Erdogan gedacht war? Warum hat ein Emre Can von einem solchen Treffen Abstand genommen, Sie aber nicht?

Welches Bild, glauben Sie, ergibt sich in der deutschen Öffentlichkeit durch eine solche – aktiv durch Sie geförderte! – Nähe zum türkischen Machthaber? Das Bild eines sich dem eigenen Land, also Deutschland, verpflichtet fühlenden Nationalspielers, der alles geben wird, sein Land bei der WM bestmöglich zu vertreten?

Oder ergibt sich nicht doch das Bild eines Fußballers, der zwar das deutsche Nationaltrikot trägt, im Herzen aber überwiegend Türke geblieben ist?

Verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Özil: Es ist durchaus legitim für einen türkischstämmigen Menschen, sich überwiegend türkisch zu fühlen. Das ist Ihnen keinesfalls vorzuwerfen – nur sind Sie dann allerdings in jener Mannschaft fehl am Platze, die Deutschland voller Überzeugung repräsentieren soll.

Diese Mannschaft muss nämlich mit ungeteilter Loyalität zur eigenen Heimat im Stadion auflaufen. Ihre mangelnde Identifikation mit Deutschland, Herr Özil, kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass Sie, soweit aus den TV-Bildern ersichtlich, der einzige deutsche Nationalspieler waren, der bei der WM in Russland unsere schöne Nationalhymne nicht mitgesungen hat.

Es sind all diese Gesten, die den Menschen in Deutschland ein klares Bild vermittelt haben, das da lautet: Für Ihre Karriere, Herr Özil, ist der Status als deutscher Nationalspieler förderlich, Ihrem Herzen dagegen ist die Türkei näher. Glauben Sie mir: Fußballfans haben für so etwas ein ganz feines Gespür, und genau deswegen wurden Sie ausgepfiffen.

Mit Rassismus hat das nicht das Geringste zu tun, denn sonst hätten auch andere Nationalspieler mit Migrationshintergrund derlei Pfiffe über sich ergehen lassen müssen. Das war aber erkennbar nicht der Fall – oder haben Sie etwa gehört, dass beispielsweise ein Sami Khedira oder ein Jérôme Boateng ebenfalls derlei langanhaltende Unmutsbekundungen über sich ergehen lassen mussten?

Ihr Abgang aus der Nationalelf, werter Herr Özil, ist genauso formschwach wie Ihr sportlicher Auftritt während der gesamten WM. Es stünde Ihnen als Inhaber des – vielleicht etwas voreilig verliehenen – Bambi-Integrationspreises sehr gut zu Gesicht, in sich zu gehen und über eigene Fehler nachzudenken, anstatt nun via Twitter die beleidigte Leberwurst zu spielen.

Es grüßt Sie

Jörg Meuthen

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