Ab und zu nimmt die Justiz die Augenbinde ab, streckt die Krallen aus und läuft zur Höchstform auf, des Öfteren bei den Schwächsten und Wehrlosesten der Gesellschaft, also jene „die hier schon immer leben“. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht? Im Fall der Rentnerin: Alter schützt vor Strafe nicht? Die 84-Jährige Rentnerin „Oma Ingrid„, die sich von ihrer kargen Rente kaum ernähren kann, klaute Lebensmittel aus Hunger, das Landgericht Memmingen verurteilte nun die Witwe zu drei Monaten Haft – ohne Bewährung, weil weitere Straftaten zu befürchten sind. Wiederholungsgefahr? Warum nicht gleich die ältere Dame in Sicherungsverwahrung nehmen, es könnte eine akute Gefahr von solchen Rentnern ausgehen?
Im Gegenzug erweist sich der Staat als butterweich, ob es sich um die Zusammenrottung junger „Männergruppen“ handelt, die das Gewaltmonopol in Frage stellen, oder bei Tätern anderer Nationalitäten, die man nach „schweren“ Wiederholungstaten einfach wieder laufen lässt, Haftverschonung wegen Haftempfindlichkeit anordnet oder milde Urteile mit Bewährung ausspricht.
Auch wenn es grotesk klingt, der Knastaufenthalt hat auch etwas Gutes: Dreimal täglich eine Mahlzeit und dazu heiße und kalte Getränke, warme Unterkunft und ärztliche Versorgung. Vielleicht hätte auch „Oma Ingrid“ einfach den Pass wegwerfen und behaupten sollen, sie wäre erst „17 Jahre“ jung?
[…] Sie hatte auf Gnade gehofft – doch Rentnerin Ingrid M. aus Bad Wörishofen bleibt sie versagt. Bald muss die 84-Jährige, die bundesweit als „Oma Ingrid, die aus Hunger klaute“ bekannt wurde, in den Knast für mindestens drei Monate! „Das ist ein Schlag für mich, mir geht es unendlich schlecht“, sagte die betagte Dame. Ein Gnadengesuchwar zuvor abgelehnt worden.
Die 84-Jährige Witwe, die fast ein halbes Jahrhundert als Schneiderin gearbeitet hat, lebte nach Abzug aller Fixkosten wie Miete, Strom, Geld für Medikamente von „höchstens 100 Euro im Monat“. Hilfen lehnt sie ab. Fünfmal wurde sie beim Klauen in Supermärkten erwischt, der Warenwert betrug insgesamt 70,11 Euro. Es folgte eine Geldstrafe, die sie aber einfach nicht von ihrer schmalen Rente bezahlen konnte – sowie zwei Bewährungsstrafen.
Während der Bewährung wurde sie erneut erwischt – mit fatalen Folgen. Das Landgericht Memmingen verurteilte die Witwe zu drei Monaten Haft – ohne Bewährung! „Weil weitere Straftaten zu befürchten sind“, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Memmingen.
Das abgelehnte Gnadengesuch begründet Oberstaatsanwalt Joachim Ettenhofer von der Generalstaatsanwaltschaft München so: „Gnädigerweise haben Ausnahmecharakter. In diesem Fall lagen keine anderen Umstände vor, als zum Zeitpunkt des Urteils. Es gibt keinen Anspruch auf Gnade.“ […] Quelle: tz.de/24.10.2017