Nächster Exit-Kandidat? Tusk schließt nicht aus, dass Polen aus der EU austritt

2210

Brüssel ist unzufrieden mit Polen, besser gesagt mit der Justizreform, daher beantragte die EU-Kommission diese Woche ein Bußgeld gegen Polen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. „Die Justizsysteme in der Europäischen Union müssen unabhängig und fair sein“, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Seit Jahren streitet die EU mit Polen über seine Justizreform, es geht um eine 2018 geschaffene Disziplinarkammer am Obersten Gericht des Landes. Die EU sieht darin ein Mittel zur unbotmäßigen Einflussnahme der polnischen Regierung auf die Justiz.

In der Bundesrepublik bringt Merkel die Richter des Bundesverfassungsgerichts auf Linie und lädt sie zum feudalen Abendessen vor dem Entscheid „Eingriff in die Wahlen eines Bundeslandes“ ein. Auch sind zahlreiche Richter mit ihren Parteibüchern völlig unabhängig.

Hat der EuGH überhaupt eine Gerichtshoheit über die Verfassungsgerichte der EU-Mitgliedsländer und gibt es einen Vorrang des europäischen Rechts vor dem nationalen Recht? Der unbedingte Vorrang des Europarechts auch vor dem nationalen Verfassungsrecht steht bis heute in keinem der europäischen Verträge, er wurde in den frühen 1960er Jahren durch den EuGH – schon damals gern Richter in eigener Sache – selber eingeführt. Und allseits akzeptiert, da das Europarecht damals noch nicht das Leben eines jeden Menschen prägte, sondern im wesentlichen Details der Zollpolitik betraf. Dabei gibt es eigentlich keine Verfassung, die diesen Vorranganspruch ohne weiteres akzeptieren könnte.

Die finanziellen Sanktionen lösen in Polen nicht gerade Verständnis aus und so wird bereits der EU-Austritt ins Spiel gebracht. Ein eventueller Polexit wäre für die EU ein weiterer Rückschlag, aber auch ein Zeichen der Vernunft.

n-tv.de:

Aus Brüsseler Perspektive ist Polen eines der Sorgenkinder der Europäischen Union. Zuletzt beantragte die EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) finanzielle Sanktionen gegen das Land, dessen Justizreform laut EuGH in Teilen gegen europäisches Recht verstößt.

Der ehemalige EU-Ratspräsident und polnische Oppositionsführer Donald Tusk hält einen Austritt seines Landes aus der EU nun für nicht mehr ausgeschlossen. Polen könne „schneller, als es irgendwem scheint“ kein EU-Mitglied mehr sein, wenn die derzeitige Kampagne der nationalkonservativen Regierungspartei PiS aus den Händen gleite, sagte Tusk dem Sender TVN24. Ein hochrangiger Vertreter der PiS hatte vor zwei Tagen die weitere Zusammenarbeit Polens mit der EU infrage gestellt und damit eine landesweite Debatte angestoßen.

Folgt Politikstube auch auf: Telegram