Majestätsbeleidigung: Was tut man nicht alles für den „Freund“ in Ankara

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So, nun seit gestern  offiziell: Ein Strafverfahren wegen Majestätsbeleidigung wird eröffnet! Ihre Majestät Erdogan scheint der Frau Bundeskanzlerin ganz schön eingeheizt zu haben, zumal das Außenministerium für eine Ablehnung des Begehrens eingetreten sein soll. Durch ihre unbedachte Aussage gegenüber Davutoglu, die Äußerung Böhmermanns sei bewusst ehrverletzend, hat Frau Merkel selbst die Initialzündung für diese Entwicklung gesetzt. Dann hat sie dies ihren Regierungssprecher öffentlich sagen lassen.

„Merkel erlaubt Straffverfolgung von Jan Böhmermann“. – Von Merkel war nichts anderes zu erwarten. Die deutsche Politik wird zukünftig von Ankara aus mitgestaltet. Wer hätte gedacht, dass die Erpressbarkeit, die aus dem unsäglichen EU-Türkei-Deal so schnell erwächst, so schnell sichtbar wird. Merkel ist der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen. Sie stürzt von einer Verlegenheit in die nächst größere.

Die Bundesregierung hatte selbstverständlich keinerlei juristische Abwägung vorzunehmen. Es ging um die rein politische Entscheidung, ob eine Strafverfolgung gewollt ist. Da braucht man sich jetzt nicht darauf herauszureden, man wolle keinen Einfluss nehmen und den Fall der Justiz überlassen. Schon gar nicht, nachdem die Regierung ungefragt und in vorauseilendem Gehorsam bereits eine völlig überflüssige Bewertung abgegeben hatte. Und auch deswegen nicht, weil der von Erdogan gestellte Strafantrag wegen Beleidigung ohnehin nicht von der Entscheidung der Bundesregierung abhängig ist.

Die Botschaft der Regierung Merkel ist klar: sie will es so, dass Erdogan auf Basis eines überkommenen Majestätsbeleidigungsparagrafen, der ein erhöhtes Strafmaß vorsieht, gegen Böhmermann vorgeht. Weil ihr das Rückgrat für eine Konfrontation mit Erdogan fehlt, lässt sie mal wieder die oft bemühten Werte – hier das hohe Gut der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit – im Stich. Hätte es sich um ein Gedicht über Putin oder dem Speziellen aus Nordkorea gehandelt, dann wäre die Sache gleich von vornherein von der Regierung abgeschmettert worden, man hätte sich gar nicht erst ernsthaft damit befasst.

In ihrer Erklärung hat Merkel gleichzeitig angekündigt, dass der § 103 StGB „entbehrlich“ sei und man ihn noch in dieser Legislaturperiode abschaffen will. Bleibt also nur eine schlüssige Interpretation: Merkel kuscht vor Erdogan, weil er unverzichtbar für Drecksarbeit in der Flüchtlingsfrage ist. Und die angekündigte Abschaffung des § 103 dient nur dazu, die Kritik an dieser Entscheidung klein zu halten. Das ist das was Merkel und Steinmeier und kluger Politik verstehen. Peinlicher und durchsichtiger geht´s nicht mehr. Damit bis zur Bundestagswahl die Wogen geglättet und das fehlende Rückgrat der Kanzlerin vergessen gemacht sind.

Bis zur Wahl wird nichts vergessen sein – die beiden Verfahren werden sich über Jahre durch die Instanzen ziehen. Immer verknüpft mit dem Namen Merkel. Und der Gipfel des Zynismus (oder sagen wir besser: der Satire) ist, dass sie in einem Atemzug die Strafverfolgung eines Bundesbürgers aus dem Ausland zulässt und gleichzeitig sagt, sie erwarte von allen Partnern, dass die sich an die Gesetze der Meinungsfreiheit ebenso halten wie Deutschland.

Wenn sich die Kanzlerin bei der illegalen Immigration der vergangen Monate nur auch so gesetzestreu verhalten hätte. Die Bundesregierung scheint die Paragraphen eher „à la carte“ zu wählen.

Da muss man doch glatt Merkel zitieren: Das ist nicht mehr „unser“ (mein) Land.

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