Werner Bolz: Hannovers grüner Oberbürgermeister Belit Onay zeigt schon nach kurzer Amtszeit seine wahre Einstellung und erntet dafür deutlichen Widerspruch – sogar in nächster Umgebung. Sein Umgang mit Obdachlosen, den schwächsten Gliedern der Gesellschaft, kann nur als zynisch bezeichnet werden. Die Kritik entzündete sich an einem Satz mit Sprengkraft, den er in einer Schaltkonferenz mehrerer Stadtoberhäupter und Merkel so dahin gesagt hat: „Wir haben Platz.“ Damit hatte Onay offensiv seine Bereitschaft bekundet, in Hannover weitere „zusätzliche“ Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufzunehmen, die übrigens gestern auch prompt mit dem Flugzeug ankamen.
Das allein wäre nicht Anlass für Kritik aus SPD, CDU und FDP, wenn nicht deren Vertreter einen krassen Widerspruch 17 Obdachlosen gegenüber erkennen würden. Die hatte die Stadt erst in der vergangenen Woche auf sein Betreiben hin aus dem „Naturfreundehaus“ vor die Tür gesetzt, obwohl sie dort von Sozialpädagogen mit vorzeigbarem Erfolg betreut worden waren, um Platz für Flüchtlinge zu schaffen. Die hinauskatapultierten Menschen sind nun auf die spärlichen Notunterkünfte der Stadt angewiesen. Tagsüber müssen sie bei Wind und Kälte auf die Straße, nachts müssen sie in lauten und unsicheren Mehrbettzimmern schlafen.
Dieser kaltherzige Rauswurf hat insbesondere bei Sozialverbänden für Erschütterung gesorgt, da die Verwaltung ein offenbar erfolgreiches Projekt zur Resozialisierung von Obdachlosen anscheinend Hals über Kopf und ohne Not beenden musste. Viele dort untergebrachte Menschen hatten in der Zwischenzeit eine eigene Wohnung gefunden, manche sogar einen Job. Der eigentliche Skandal ist aber, dass die Stadt einheimische Obdachlose und fremde Flüchtlinge ungleich behandelt. Die Kälte dieser Entscheidung hat viele erschreckt. Sie läßt aber erahnen, was Deutschland künftig bevorsteht.