Bassam Tibi: Eine Gesellschaft, die die eigene Identität verleugnet, stärkt den Islamisten den Rücken

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Bassam Tibi, emeritierter Professor für Internationale Beziehungen, über die missbrauchte Leitkultur, Artikel auf Basler Zeitung nachfolgend auszugsweise:

Ende April hat der deutsche Innenminister Thomas de Maizière in der Bild mit seinen zehn Thesen zur Leitkultur eine neue «deutsche Leitkulturdebatte» entfacht. Die Überschrift war: «Wir sind nicht Burka.»

Aus dem europäischen Ausland, aus der Schweiz beschwere ich mich mit diesem Artikel und betone immer wieder, dass die Integration von Muslimen ein Integrationskonzept und eine wertebezogene Leitkultur erfordert. Was ich hier umreisse, ist keine akademische Diskussion, sondern eine, wie Fukuyama sagt, «tickende Zeitbombe».

Für die heutigen postmodernen Linken sind die Minderheiten mit Migrationshintergrund ein Ersatz-Proletariat. Weil es kein Proletariat mehr gibt, suchen die Linken nach einem Ersatz – und dies sind für sie die kulturellen Minderheiten, die gegen den unterstellten Kapitalismus des Staates eingesetzt werden. Die Linken behaupten so, eine Leitkultur sei ein Angriff auf die Kollektivrechte der Migranten.

Die Tatsache, dass Zweidrittel der Deutschland-Türken Erdogans Islamokratie zustimmten, liegt nicht nur an den Deutschen. Die Integration ist auch am schriftgläubigen traditionellen Islam, an der Ethnizität der Migranten und am Islamismus gescheitert. Doch trägt eine Gesellschaft, die die eigene Identität verleugnet, dazu bei, den Islamisten den Rücken zu stärken. Weiterlesen

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